Die Zustandsanalyse
Worum geht es?
Im Rahmen des Modellvorhabens der Stadt Biel werden Zielvereinbarungen zwischen der Stadt Biel und den Baurechtsträgern, sprich unserer Siedlungsgenossenschaft getroffen. Diesen Zielvereinbarungen geht ein umfassender Prozess einer Zustandsanalyse sowie der Entwicklung einer Gesamtstrategie voraus. Diesen Prozess hat der Vorstand der Siedlungsgenossenschaft im Jahr 2023 in Angriff genommen. In der ersten Phase hat der Vorstand eine umfassende und detaillierte Zustandsanalyse anhand insgesamt sieben Handlungsfelder gemacht.
Handlungsfelder

Liegenschaften und Finanzen
Die sogenannte Portfolioanalyse wurde der Arbeitsgemeinschaft für gemeinnützige Projektentwicklung AggP anvertraut. Diese Bauexperten haben uns per Anfang 2024, nach einer sechsmonatigen und sehr komplexen Analysearbeit, einen umfassenden Bericht über den Zustand und Finanzierung unserer Liegenschaften abgegeben, sowie eine Empfehlung einer Entwicklungsstrategie formuliert.
Der Bericht beinhaltet eine Abklärung des baulichen Zustands der Liegenschaften, um eine Prognose der nächsten Sanierungs- und Erneuerungsarbeiten der jeweiligen Bauelemente abzuschätzen. Da die Bauten der Genossenschaft, mit Ausnahme der Gebäudehülle, einen sehr uneinheitlichen Sanierungsstand haben, wurde die Analyse anhand von drei verschiedenen Haustypen erstellt. Aus dieser Analyse ist ersichtlich, wann welche Sanierungsarbeiten anstehen. In weiterer Folge wurden diese grosszyklischen Sanierungsarbeiten für die nächsten 30 Jahre in Form von Instandsetzungspaketen dargestellt. Daraus ergibt sich der rechnerische Investitionsbedarf des gesamten Liegenschaftsportfolios für den Werterhalt der Bauten unserer Siedlungsgenossenschaft.
Auf Basis dieser Zustandserfassung wurde die Finanzierungsstrategie dieser benötigen Investitionen beleuchtet und bewertet. Trotz guter finanzieller Lage unserer Genossenschaft müssen diese Investitionen genau geplant und in eine gesamthafte Sanierungsstrategie eingebunden werden, damit die Siedlungsgenossenschaft Zukunftsfähig bleibt.
Zuletzt wurden im Bericht auf Basis der Erkenntnisse verschiedene Entwicklungsstrategien formuliert, welche nun durch den Vorstand verfeinert werden müssen.

Leben in der Genossenschaft
Die Analyse der Bewohnerschaft und dem Leben in der Genossenschaft wurde unter Anderem anhand einer Umfrage unter den Genossenschaftern gemacht, an welcher sich 63% der Haushalte beteiligt haben. Nebst der demografischen Erfassung der Bewohner wurden auch die finanzielle Situation sowie die Zufriedenheit mit Haus, Garten und Genossenschaftsleben abgefragt. Es stellte sich heraus, dass eine Mehrheit der Bewohner mit der aktuellen Situation zufrieden ist. Dies betrifft zum einen die Wohnfläche, das bauliche Angebot, die Sauberkeit und Barrierefreiheit sowie die Kommunikation mit dem Vorstand. Die Mehrheit der Genossenschafter*innen weiss auch, wie sie sich ein die Genossenschaft einbringen kann und erlebt gegenseitige Unterstützung in der Nachbarschaft.

Umfeldanalyse und wohnpolitische Bewertung
Die Umfeldanalyse und wohnpolitische Bewertung hatten zum Ziel, die Stellung unserer Genossenschaft in der Stadt sowie im Quartier näher zu untersuchen. Dabei wurde unter anderem auch das Preissegment der angebotenen Wohnungen angeschaut und verglichen. Es wurde ersichtlich, dass sich die praktizierten Mietzinsen auf einem sehr tiefen Niveau liegen und wir uns in der Stadt Biel klar im unteren Preissegment befinden. Weiter wurden die vorhandenen Angebote in der Nachbarschaft angeschaut (Quartierräume, Aussenräume, Spielplätze, usw.) und was in der direkten Nachbarschaft nicht vorhanden ist (Läden, medizinisches Angebot, usw.). Unsere Genossenschaft steht auch in direktem Kontakt mit anderen Genossenschaften, speziell der Bieler Wohn- und Baugenossenschaft (biwog), da die Verwaltung unserer Genossenschaft dorthin ausgelagert wurde. Durch diesen Austausch können wir gegenseitig von Erfahrungen profitieren und künftig Synergien nutzen.
Organisation und Führung
Die vorhandenen Reglemente, Richtlinien und Konzepte wurden inventarisiert (z.B. Vermietungsrichtlinien, Infoblätter, Datennutzungsreglemente, usw.) und die Zusammensetzung und Organisation sowie die interne Aufgabenverteilung im Vorstand angeschaut. Ebenso wurde die Rekrutierungsfrage für neue Vorstandsmitglieder und der erforderliche Arbeitsaufwand sowie die internen Entscheidungsprozesse analysiert. Dort ist der aktuell noch laufende Umbau des Vorstands und die dadurch entstehende Organisations- und Umstrukturierungsarbeit speziell zu erwähnen. Es muss zurzeit noch viel Energie in die Aufarbeitung der Altlasten gesteckt werden, welche uns in der Neuausrichtung noch etwas hemmen. Parallel dazu arbeiten wir im Vorstand aber auch mit Hochdruck an der Zukunftsfähigkeit unserer Genossenschaft.

Nachhaltigkeit und Umwelt
Die Zustandsanalyse hinsichtlich der Nachhaltigkeit und Umwelt hat ergeben, dass wir im Bereich der Biodiversität noch Verbesserungspotential haben. Eine Bestandsaufnahme zusammen mit einer Fachperson zeigt auf, dass Biodiversitätsflächen spärlich vorhanden und die meisten Bewohner*innen mit dem Unterhalt ihren Gärten tendenziell überfordert sind. In den Gärten wachsen ziemlich viele invasive Neophyten und andere Pflanzen, welche zunehmend zum Problem werden, da sie sich stark verbreiten und einheimische Arten verdrängen. Ausserdem hat die grosse Anzahl an Katzen sowie vorhandene Barrieren einen negativen Einfluss auf die Biodiversität. Lebensräume wie Kleinstrukturen und Nahrungsangebote in Form von einheimischen blühenden Stauden und Sträuchern sind praktisch inexistent. Es braucht daher in Zukunft klare Spielregeln für den Unterhalt der Gärten und Allgemeinflächen (z.B. Gartenreglement, ausgeschiedene Biodiversitätsflächen, usw.).
In Sachen Energie und Umweltverhalten kann unsere Genossenschaft mit der vorhandenen Solaranlage punkten. Der Eigenverbrauch dieser Energie ist jedoch noch zu niedrig. Zudem braucht es seitens der Wärmeerzeugung eine Energiestrategie, um die vorhandenen Gasheizungen durch ein fossilfreies System abzulösen. In diesem Rahmen wurde auch das Mobilitätsverhalten und das Angebot seitens ÖV und Sharing-Angebote angeschaut. Dort gibt es im weiteren Prozess noch offene Fragen dazu, welche Infrastruktur wir zukünftig anbieten wollen und wo Verbesserungsbedarf besteht.
Fazit
Der Abschluss dieser Zustandsanalyse bietet im weiteren Prozess eine Grundlage für die Erarbeitung eines Leitbilds. Darauf aufbauend wird der Vorstand anschliessend einen konkreten Massnahmenkatalog und eine Gesamtstrategie erstellen. Auf Basis dieser Gesamtstrategie können dann Gespräche mit der Stadt Biel geführt und Zielvereinbarungen zur Nutzung der Grundstücke im Baurecht abgeschlossen werden. Wir rechnen mit einer ersten Kontaktaufnahme mit der Stadt Biel noch in diesem Jahr und einem Abschluss der Vereinbarungen Anfang/Mitte 2025.